Beginnen wir unseren Artikel mit zwei
Quizfragen: Wie lange dauert ein Tag, und wie viele Male
dreht sich die Erde im Jahr um ihre eigene Achse?
Die naheliegenden Antworten, 24 Stunden und 365mal, sind
falsch! Auflösung folgt unten.
Von Dezember bis Februar, also in den Wintermonaten der
Nordhalbkugel, befindet sich die Erde bei ihrem jährlichen
Umlauf am dichtesten bei der Sonne. Der Tag der größten
Sonnennähe (= Perihel) ist der 4. Jänner. Die
Entfernung zur Sonne beträgt dann 147,1 Mil-lionen
km.
Zwei Erscheinungen fallen auch dem interessierten Laien
ins Auge, die darauf hindeuten, daß der Erdumlauf
nicht völlig gleichmäßig sein kann, wie
es bei einer Kreisbahn zu erwarten wäre: 1. dauert
das Sommerhalbjahr, die Zeit von Frühlings- bis Herbstbeginn,
eine Woche länger als das Winter-Halbjahr. 2. wundert
man sich, warum im Oktober die Abende so rasch früher
dunkel werden, ab Mitte Jänner ebenso rasch wieder
länger hell.
Das längere Sommerhalbjahr erklärt sich aus
dem 3. Keplerschen Gesetz. Je näher ein Planet der
Sonne steht, desto schneller bewegt er sich. Merkur ist
zehnmal schneller unterwegs als Pluto. Im Sommer-Halbjahr,
also in Sonnenferne, läuft die Erde deshalb langsamer
als im Winter. Pro Jahr legt unsere Erde 940 Mio km zurück
– eine unvorstellbare Entfernung, und doch nur der
10000. Teil eines Lichtjahrs! Die mittlere Geschwindigkeit
der Erde beträgt 29,8 km/sec.
Eine Umdrehung der Erde um ihre Achse dauert, bezogen
auf den Sternhimmel, nicht 24 Stunden, sondern nur 23h
56m. Da die Erde sich pro Tag auf ihrer Bahn um die Sonne
aber etwa ein Grad (360 Grad in 365,25 Tagen) weiterbewegt
hat, muß sich auch die Erde noch um ein Grad weiterdrehen
(das entspricht 4 Minuten), bis die Sonne wieder im Mittagspunkt
steht. Das ist vergleichbar mit dem Minutenzeiger der
Uhr, der auch länger braucht als eine Stunde, um
den Stundenzeiger wieder einzuholen: Er überholt
nur 11mal in 12 Stunden.
Das bedeutet: die Sonne zieht pro Jahr 365mal ihre scheinbare
Bahn, die Erde aber hat sich 366mal gedreht. In Schaltjahren
ist natürlich noch ein Tag dazuzuzählen, das
sind dann also 367 Umdrehungen!
Wir haben gesehen, daß der Erdumlauf mit ungleichmäßiger
Geschwindigkeit erfolgt. Im Winter legt die Erde mehr
als 1 Grad zurück. Folglich dauert auch das „Überholmanöver“
länger als 4 Minuten. Die Rotationsdauer von 23h
56m ist praktisch konstant, die Tageslänge von 24
Stunden aber nicht. Sie ist nur ein Mittelwert, der "mittlere
Sonnentag", nach dem wir unsere Uhren stellen.
Der Zeitraum von Mitternacht zu Mitternacht dauert jetzt
zu Winterbeginn eine halbe Minute länger als 24 Stunden!
Von Anfang November bis Mitte Februar addiert sich das
zu einer vollen halben Stunde! Wenn sich aber der Mitternachtszeitpunkt
verschiebt, verschieben sich auch die Zeitpunkte von Sonnenaufgang
und –untergang. Vom 21. Dezember bis zum 21. Jänner
nimmt die Dauer des lichten Tages in unseren Breiten um
40 Minuten zu; davon aber kommen nur 7 Minuten dem Morgen
zugute, dagegen dem Abend 33 Minuten.
Autor: Ruprecht Perels